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Achtung: Gift für dein Jurastudium

Achtung: Gift für dein Jurastudium

Warum eine persönliche Lernstrategie im Jurastudium so wichtig für den Studienerfolg und die Dauer des Studiums ist

Auch auf die Gefahr hin, dass dir das schon mal jemand gesagt hat: Du bist etwas Besonderes. Und falls dir das noch nie jemand gesagt hat, sage ich es dir: Du bist etwas Besonderes, deine individuellen Fähigkeiten und Charakterstärken hast nur du. Aus diesem Grund brauchst du auch unbedingt eine individuell passende Lernstrategie für dein Juarstudium. Viele deiner Facetten mögen denen anderer Studierender ähnlich sein, aber zu 100 % gleich ist dir niemand. Gut so, sonst wäre die Welt doch ein ziemlich langweiliger Ort. Stell dir das mal vor: Da gäbe es dann zum Beispiel die faulen und die fleißigen Studentinnen. Und nichts dazwischen. Wo würdest du dich einordnen? Schwarz oder Weiß?

Oder doch lieber im Graubereich, also irgendwo zwischen faul und fleißig. Klar, weil wir alle in unterschiedlichen Bereichen unterschiedlich gut oder schlecht performen. Das ist so unglaublich normal, dass es fast schon weh tut so etwas Simples zu schreiben. Aber irgendwie scheinen wir das zu vergessen, sobald wir uns auf den Campus begeben und versuchen, mit den vermeintlich fleißigen Studentinnen dieses Mikro-Kosmos Schritt zu halten. Wenn du eine persönliche Lernstrategie entwickelt hast, vergleichst du dich weniger und verlässt dich mehr auf deine Stärken. Das schafft Selbstbewusstsein, welches du spätestens bei der ersten Klausurenrückgabe, die nicht nach deinen Wünschen läuft, gut gebrauchen kannst. And to be fair: Im Jurastudium passiert das halt. Spätestens in der Examensvorbereitung. Und wenn du es bis dahin ohne schlechte Noten durch alle Klausuren geschafft hast: Herzlichen Glückwunsch!

Nutze die nächsten vier Schritte, um dich auf deinen persönlichen Lernweg im Jurastudium zu begeben und nicht auf die 0-8-15-Tipps aller Lerngurus hereinzufallen. Das spart dir verdammt viel Zeit und verkürzt so auch die Dauer deines Jurastudiums.

Schritt 1: Analyse deiner individuellen Lernbedürfnisse und -gewohnheiten

Der erste Schritt ist wahrscheinlich wie immer der schwerste, weil wir uns Fehler im Allgemeinen nicht gern und auch nicht leicht eingestehen. Wir blenden da gern Dinge aus, die uns zwar eigentlich vollkommen klar sein müssten. Aber wie durch ein Wunder schaffen wir es dann doch, alle guten Tipps zu ignorieren.

Deshalb kommt als erstes der ober-mega-super-duper-ehrliche Blick in deinen individuellen Ist-Zustand: Wo stehst du gerade? Beantworte daher die folgenden Fragen. Am besten nimmst du dir Stift und Papier und beantwortest die Fragen schriftlich. Häufig führt dieser Vorgang zu erstaunlichen Erkenntnissen.

1) Was sind deine individuellen Lernbedürfnisse als angehende Juristin? Damit ist nicht gemeint, was du fachlich bis zu einem bestimmten Zeitpunkt in einem Rechtsgebiet können musst. Stattdessen geht es hier zum Beispiel um die Frage, ob du persönliche Besonderheiten beim Lernen beachten musst, wie etwa eine Behinderung oder zum Beispiel auch Persönlichkeitsmerkmale wie Introvertiertheit oder Extravertiertheit. Wo fühlst du dich besonders wohl und wann fühlst du dich besonders wohl? Gibt es eine Grenze an Stoffmenge ab der du erfahrungsgemäß einfach abschaltest? Magst du Abwechslung beim Lernen oder darf es gern jeden Tag das gleiche sein?

2) Wie gut sind deine Lerngewohnheiten? Auch hier geht es noch nicht so sehr um inhaltliche Themen beziehungsweise bestimmte Lernmethoden. Stattdessen solltest du selber analysieren, wie gut du automatisiert beginnst zu lernen. Hä? Automatisiert? Bitte was? Lass es mich erklären: Eine Gewohnheit ist frei definiert ein automatisierter Vorgang in deinem Gehirn, bei dem du nach Erkennen eines Auslösereizes eine Routine durchläufst und danach von deinem Gehirn mit der Ausschüttung von Glückshormonen belohnt wirst. Das ganze nennt man dann Gewohnheitsschleife. Die Idee: Wenn du durch bestimmte Auslösereize dazu kommst, automatisiert ins Lernen einzusteigen, lernst du mehr oder weniger automatisch und musst nicht jedes Mal den schweren Weg der hohen Aktivierungsenergie (aka niedrige oder nicht vorhandene Motivation) gehen.

3) Wie kannst du diese Erkenntnisse für deine persönliche Lernstrategie im Jurastudium nutzen? Bist du zum Beispiel introvertiert und ein Morgenmuffel, möchtest du vielleicht lieber von zu Hause aus am Nachmittag lernen. Oder brauchst du die soziale Kontrolle in der Bib? Dann sind feste Bibzeiten genau das richtige für dich: Achte dabei darauf, dass die Bib zu dem Zeitpunkt nur s stark von Menschen bevölkert ist, dass du dich noch wohl fühlst.

Du verstehst wahrscheinlich langsam, worauf dieser erste Schritt hinaus läuft. Es geht darum, dass du dich selber kennen lernst, akzeptierst und dann daraus die richtigen Schritte ableitest. Das ist übrigens Work in progress: Du kannst jederzeit nachjustieren, wenn du merkst, dass du irgendwo falsch abgebogen bist.

Schritt 2: Festlegung von Lernzielen und -prioritäten (SOOOO wichtig in Jura)

Bevor du jetzt losmarschierst und versuchst, möglichst automatisiert alles Fachwissen in dich hineinzubekommen, investiere deine Zeit in einen realistischen und funktionierenden Lernplan. Es geht im Studium meistens nicht darum, jedes Detail zu wissen. Jedenfalls aus meiner Jura-Linse heraus kann ich das ganz deutlich sagen: Grundlagenkenntnisse, beziehungsweise Grundlagenanwendung, sind tausendmal wichtiger als Detailwissen. Daran konnte ich meine Lernprioritäten schon mal sehr deutlich sortieren. Mein Lernziel war immer, ein mir unbekanntes Gesetz anwenden zu können, weil ich das Handwerkszeug als solches gut beherrsche. Du kannst deine eigenen Lernziele festlegen und Prioritäten auf einige Fächer oder Kapitel eines Buches legen. Du bist die Chefin in diesem Moment. Im Studium versucht jeder, dich von seinem oder ihrem Weg zu überzeugen. Versuche einfach, die Empfehlungen anzuhören und trotzdem immer kritisch zu hinterfragen, ob Tipp Nr. 465 wirklich auf dich, deine Lernziele und deinen aktuellen Könnensstand in Jura zugeschnitten ist. (Btw: Ich spreche von Können, nicht von Wissen;).)

Wie du einen Lernplan erstellen kannst, der diesen Anforderungen entspricht, erkläre ich dir übrigens hier.

Bevor wir zu Schritt 3 kommen, ein kleiner Einschub: Es ist normal, dass du dich nicht immer zu 100 % an deinen Plan hälst. Manchmal ist das einfach so. Wenn du aber zu den ca. 70 % aller Studierenden gehörst, die ständig wichtige Dinge vor sich herschieben, ist mein mentaler Werkzeugkasten für 0 € genau das richtige für dich. Sobald dich die Prokrastination packt, kannst du ein passendes Werkzeug auswählen und so zurück zu deiner Lernstrategie finden.

Schritt 3: Auswahl geeigneter Lernmethoden und -techniken

Jetzt, erst jetzt kommst du bei den Lernmethoden und Lerntechniken an, die dir den Studienerfolg versprechen, von dem du träumst.

Es gibt verschiedene Lernmethoden, die aus wissenschaftlicher Sicht ihre Berechtigung haben. Aber einfach mit Active Recall und Spaced Repetition zu starten, ohne dir überhaupt mal Gedanken über die ersten beiden Schritte gemacht zu haben, halte ich für gefährlich: Du gerätst durch das produktive und gehirneffektive Lernen schnell in einen Sog, in dem sich Karteikarten häufen und du irgendwie nicht mehr mitkommst, wenn du zu viel Stoff auf einmal in dein System einpflegst und du davon einiges vielleicht gar nicht gebrauchen kannst. Und als Jurastudentin oder Jurastudent stellst du irgendwann fest: Karteikarten sind für Definitionen und Meinungsstreits zwar praktisch, aber eine Fallübung können sie einfach nicht ersetzen. Den Gutachtenstil kannst du so nicht trainieren.

Welche Lernmethoden gibt es denn überhaupt? Die Bandbreite ist unendlich groß. Sehr beliebt ist die oben benannte Kombination aus Active Recall und Spaced Repetition. Die Idee: Du rufst dir selber alles, was du weißt ins Gedächtnis und tust das in regelmäßigen zeitlichen Abständen mindestens dreimal. Ich habe dir weiter oben in diesem Artikel übrigens auch einen wissenschaftlichen Nachweise für diese Methode verlinkt.

Empfehlenswert ist häufig auch die sogenannte Feynman-Methode, bei der du deine Inhalte so erklären musst, als würdest du sie einem Kind erklären. Das finde ich persönlich gerade für juristische Meinungsstreitigkeiten genial. Es bereitet nämlich auf die Zukunft im juristischen Berufsalltag vor. Als Anwältin war es überwiegend meine Aufgabe, meinen Mandanten so einfach wie möglich und ohne juristisches Fachvokabular das Problem zu erklären. Das lernt man im Jurastudium meistens nicht so genau.

Aus meiner Sicht kommt es bei einer guten Lernmethode fürs Jurastudium auf Folgendes an: Sie muss dich in die Lage versetzen, das neu Erlernte irgendwo in deinem Gehirn mit etwas zu verknüpfen. Wir neigen dazu, in Inseln zu lernen. Uns also Fach für Fach vorzunehmen, aber nicht an die Fährverbindungen und Brücken zwischen den Inseln zu denken. Das macht es viel schwerer. Es wird viel leichter, etwas neues zu lernen, wenn du es mit etwas Bekanntem verbinden kannst. Und wenn wir schon mal beim Thema Verknüpfungen sind: Auch sowas wie Sinneseindrücke helfen deinem Gehirn, Inhalte später leichter wieder abzurufen. Trägst du beispielsweise beim Lernen immer das gleiche Parfüm, empfiehlt es sich, dieses auch in der Prüfung zu tragen.

Schritt 4: Umsetzung und Überprüfung der Lernstrategie

Es kann los gehen. Ab jetzt gilt: Trial and error. Nur wenn du etwas ausprobierst, wirst du auch merken, ob es in der realen Welt wirklich funktioniert. Es kann immer wieder etwas dazwischenkommen und deine Lernziele könnten sich ändern. All das ist vollkommen normal. Aber selbst wenn du innerhalb eines Semesters das Gefühl hast, alles laufe tippitoppi, solltest du dir trotzdem zu Beginn jedes neuen Semesters die Zeit nehmen, deine persönliche Lernstrategie zu überarbeiten und an deine aktuellen Bedürfnisse anzupassen.


Du benötigst noch ein bisschen mehr Hilfe? Nicht nur in meinen Blogbeiträgen und im Newsletter bin ich für dich da. Ich habe für dich auch einen dreiwöchigen Komplettkurs für Jurastudierende im Angebot. Persönlichkeitsbasiertes Lernen, mentale Stärke im Jurastudium und die Prüfungsphase im Jurastudium: All das und vieles mehr sind Module des Kurses. Wenn du möchtest, kannst du den Kurs sogar mit einem Gruppencoaching bei mir kombinieren. Klicke einfach hier:

Viel Erfolg beim Lernen und alles liebe,

Anna Lena

Zertifizierte Mentaltrainerin, Autorin und Volljuristin

Gründerin der Studienstart Academy